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Festveranstaltung zum 70. Jubiläum der Jugendhilfe Unterland e.V. im Rahmen der Mitgliederversammlung

22. Apr. 2024
Zum 70. Jubiläum der Jugendhilfe Unterland e.V. fand im Rahmen der Mitgliedsveranstaltung des Verbands Bewährungs- und Straffälligenhilfe Württemberg e.V. eine öffentliche Festveranstaltung statt. Neben den eröffnenden Grußworten u.a. von Justizministerin Marion Gentges MdL und den beiden Vorsitzenden Achim Brauneisen (Verband) und Dr. Frank Schwörer (Jugendhilfe Unterland) hielt Prof. Dr. Dragana Seifert einen Vortrag zum Thema Kinderschutz.

Die öffentliche Jubiläumsfeier zum 70jährigen Bestehen der Jugendhilfe Unterland e.V. in Heilbronn fand in dem Rokoko-Stil gehaltenen Festsaal im Schießhaus statt, der eine passende Atmosphäre für die Festveranstaltung bot. Der Vorsitzende des Verbands Bewährungs- und Straffälligenhilfe Württemberg e.V., Achim Brauneisen, eröffnet das Jubiläum mit einer feierlichen Begrüßung und Gratulation an den Jubilar, verbunden mit dem Dank für das vieljährig große Engagement. Er bezog sich in seiner Rede schließlich auf die aktuellen gesellschaftlichen Konflikte, die auch in der Straffälligenhilfe für zusätzliche Herausforderungen sorgten.

Einen herzlichen Gruß richtete Achim Brauneisen an Justizministerin Marion Gentges MdL, der er insbesondere für ihr festes Engagement für die Straffälligenhilfe dankte. Zudem begrüßte er seinen Nachfolger im Amt des Generalstaatsanwalts, Frank Rebmann, dessen langjährige Verbindung zur Straffälligenhilfe er ebenfalls hervorhob. Herzlich willkommen hieß er Frau Prof. Dr. Dragana Seifert, die als Mitgründerin des Kinderkompetenzzentrums in Hamburg eingeladen wurde, um den Fachvortrag zum Thema Kinderschutz und Kindeswohl zu halten, womit das Thema des Tages gesetzt wurde. Für das wertschätzende Zeichen, das eine große Zahl von Repräsentanten der Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugsanstalten durch ihr Kommen gaben, bedankte sich der Vorsitzende ganz besonders.

Justizministerin Marion Gentges MdL bedankte sich in ihrem Grußwort bei den Vereinen der freien Straffälligenhilfe explizit für die hervorragende Arbeit mit den straffällig gewordenen Menschen und zeigte die lange Tradition des Vereins Jugendhilfe Unterland auf. Sie verwies dabei auch auf die schwierige Situation von hochbelasteten Kindern – hier hob sie speziell die jährlich 9.000 Kinder inhaftierter Eltern in Baden-Württemberg hervor –, von denen etwa 75% mit hohen Belastungen leben müssten. Als Hilfestellung stehe ein breites Angebot im Land bereit, betont Frau Gentges, die damit vor allem auch das Eltern-Kind-Projekt des Netzwerks ansprach.

Der Fachvortrag zur Festveranstaltung von Prof. Dr. Dragana Seifert fand unter dem Thema Kindeswohlgefährdung bei Kindern von inhaftierten Eltern – Was braucht es für einen funktionierenden Kinderschutz? statt. Frau Prof. Dr. Seifert ist Rechtsmedizinerin und ausgewiesene Expertin für das Thema der Kindeswohlgefährdung. Ihr umfassender Vortrag beleuchtete zunächst verschiedene Aspekte des Kinderschutzes im Allgemeinen. Zur Kindeswohlgefährdung zeigte sie anhand von Zahlen die aus ihrer Sicht öffentlich viel zu wenig wahrgenommene Vulnerabilität von Kindern auf. Daraus abgeleitet spannte sie den Bogen zu Kooperationen institutioneller Stellen, ohne die eine funktionierende Feststellung von Kindeswohlgefährdungen nicht möglich sei. Hier liege in der Praxis vieles im Argen. Frau Prof. Dr. Seifert unterstrich das dringende Gebot der Vernetzung. Nur über das Zusammenwirken unterschiedlicher Professionen könne es gelingen, die verschiedenen Blickwinkel zu kanalisieren.

In einem weiteren Grußwort bedankte sich die Sozialbürgermeisterin der Stadt Heilbronn, Agnes Christner, für die gute Zusammenarbeit tagtäglich mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Jugendhilfe Unterland e.V.

Der Vorsitzende der Jugendhilfe Unterland e.V., Dr. Frank Schwörer, zeichnete in seiner Rede die interessante und bewegte 70jährige Geschichte des Vereins nach: Die Jugendhilfe Unterland e.V. war im Jahr 1954 gegründet worden. Nach Einführung des Instituts der Strafaussetzung zur Bewährung durch den Gesetzgeber sollte mit der Gründung die Bewährung von haftentlassenen Probanden in Freiheit gefördert werden. Außerdem sollten Jugendrichterinnen und Jugendrichter bei der Auswahl von Bewährungshelfern beraten werden. Zudem hatte sich die Jugendhilfe Unterland e.V. das Ziel gesetzt, Bewährungshelferinnen und Bewährungshelfer bei ihren pflegerischen wie fürsorgerischen Aufgaben zu unterstützten.

In den Jahren von 1979 bis 1986 sind größere Wohnprojekte umgesetzt worden, 1980 mit dem Kauf des Hauses an der Weinsberger Str. 5/3 sowie weiteren Planungen von Wohngemeinschaften in Schwäbisch Hall und Vaihingen/Enz. Es folgte im Jahr 1988 der Kauf des Hauses in der Steinstr. 4, was das bestehende Angebot von acht Plätzen in der teilstationären Einrichtung Weinsberger Straße um weitere acht Wohnplätze in der sogenannten Übergangsunterkunft erweiterte. 2009 kam die Erweiterung der Weinsberger Straße von acht auf zehn Wohnplätze – eine Wohnung wird seitdem für zwei bis drei betreuungsbedürftige Frauen vorgehalten – sowie 2011 eine Grundsanierung des Gebäudes. Daran schloss sich 2014 der Ausbau des Gruppen- und Besprechungsraums an, der auch für das Anti-Gewalt-Training sowie für Versammlungen und Konferenzen genutzt wird. Und zuletzt im Jahr 2022 wurde die Umnutzung des Hauses in der Steinstraße von einer Übergangsunterkunft hin zu einem Wohnheim realisiert, das nun mit ambulanter Betreuung nach § 41 SGB VIII für acht junge Frauen und Männer geführt wird.

Dr. Schwörer hob außerdem hervor, dass die Jugendhilfe Unterland e.V. seit 2005 zusätzlich weitere Projekte anbiete, darunter das Nachsorgeprojekt Chance und das Eltern-Kind-Projekt, die Schuldnerberatung in Haft und Schwitzen statt Sitzen sowie Anti-Gewalt-Trainings, Zeugen- und psychosoziale Prozessbegleitung.

Die Veranstaltung wurde mit musikalischen Impulsen durch das Willi Rath Trio begleitet und fand einen angemessenen Ausklang im Foyer mit einem Stehempfang, der zum gemeinsamen Austausch und Gespräch einlud.



Fotohinweise:
v.l.n.r. Arnulf Freiherr von Eyb (MdL, CDU), Achim Brauneisen (Vorstandvorsitzender Verband Bewährungs- und Straffälligenhilfe Württemberg e.V.), Marion Gentges (Ministerin der Justiz und für Migration)
Quelle: Julian Heller, Landtagsabgeordnetenbüro Arnulf Freiherr von Eyb (CDU)